Gesetzgebung

Das erste deutsche Mediationsgesetz ist am 26.07.2012 in Kraft getreten, nachdem es tags zuvor im Bundesgesetzblatt verkündet worden war. Die Mediation und andere Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung haben nun ihren langerwarteten konkreten gesetzlichen Rahmen erhalten. Ein mehrjähriger Entstehungsprozess hat damit sein erfolgreiches Ende gefunden.

Hintergrund:

Mit dem Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung (kurz: Mediationsgesetz) soll die außergerichtliche Streitlösung in Deutschland gestärkt und die Justiz entlastet werden. Einvernehmlich, schnell und kostengünstig sollen private und geschäftliche Streitigkeiten zukünftig in einem gesetzlich strukturierten Mediationsverfahren gelöst werden können.

Grund für das lange und zähe Gesetzgebungsverfahren war der Streit zwischen Bund und Ländern um die gerichtsinterne Mediation.

Der Deutsche Bundestag hatte im Dezember 2011 mit der Verabschiedung des Gesetzes die Voraussetzungen für die Umsetzung der EU-Mediationsrichtlinie 2008/52/EG über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen in Deutschland geschaffen. Die Bundesregierung hatte den Gesetzesentwurf bereits am 1. April des vergangenen Jahres in den Bundestag eingebracht. Dieser ursprüngliche Gesetzentwurf wurde dann in langwierigen Beratungen des Rechtsausschusses weiterentwickelt und konkretisiert. Schließlich hatten sich Ende November 2011 alle fünf Fraktionen im Rechtssauschuss des Deutschen Bundestages in seltener Einmütigkeit auf umfangreiche Änderungen des ursprünglichen Entwurfs verständigt.

Aus diesem Prozess ging das vom Bundestag im Dezember 2011 verabschiedete Gesetz hervor: Sein Kernstück ist das sog. Mediationsgesetz als einem "Berufsgesetz" für Mediatoren, das neben einer Begriffsbestimmung der Mediation die Aufgaben des Mediators umreißt und ihn zur Offenlegung von Interessenkollisionen, zur Verschwiegenheit sowie zur Aus- und Fortbildung verpflichtet. Daneben ergeben sich weitreichende Neuerungen aus den begleitenden Änderungen der verschiedenen Prozessordnungen. Anders als der Regierungsentwurf schließt das Gesetz jetzt ausdrücklich auch die Finanzgerichtsbarkeit ein und erstreckt sich damit auf alle fünf Gerichtszweige.

Künftig sollen sämtliche Klageschriften Angaben darüber enthalten, ob der Versuch einer außergerichtlichen Konfliktbeilegung vor Klageerhebung unternommen wurde bzw. warum ein außergerichtlicher Einigungsversuch nicht stattgefunden hat. Ist die Klage erhoben, kann das Gericht nach den mehr oder weniger gleichlautenden Neuregelungen der Prozessordnungen den Parteien künftig "eine Mediation oder ein anderes Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung" vorschlagen. Damit will der Gesetzgeber Verfahren außergerichtlicher Konfliktbeilegung in sämtlichen Bereichen der Rechtsordnung stärken. Gleichzeitig hat der Gesetzgeber sich von der im Gesetzgebungsverfahren besonders heftig kritisierten gerichtsinternen Mediation verabschiedet. Diese wird vielmehr in ein erweitertes Güterichtermodell überführt, das wie oben ausgeführt von den Ländern abgelehnt wird. Der sog. Güterichter darf im Gegensatz zum Mediator rechtliche Bewertungen vornehmen und den Parteien einen konkreten Vorschlag zur Lösung des Konfliktes unterbreiten. Er kann auch ohne Zustimmung der Parteien Einsicht in Gerichtsakten nehmen und einen Vergleich protokollieren. Das Güterichtermodell soll eine klare Abgrenzung der unterschiedlichen Rollen von Richtern und Mediatoren schaffen. Es ermöglicht denjenigen Richtern, die bisher als richterliche Mediatoren tätig waren, die auf diesem Gebiet erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen in ihrer Rolle als Güterichter weiterhin einzusetzen. Die Verhandlung vor dem nicht entscheidungsbefugten Güterichter ist nur mit Zustimmung der Parteien öffentlich. Ein Verhandlungsprotokoll darf nur mit Zustimmung aller Beteiligten erstellt werden. Außerhalb des Gerichts tätige Mediatoren sind gemäß § 4 MediationsG zur Verschwiegenheit über Inhalt und Ablauf des Mediationsverfahrens verpflichtet. Im Fall des Scheiterns der Mediation steht ihnen ein Zeugnisverweigerungsrecht in nachfolgenden Streitverfahren, etwa vor Zivil- und Schiedsgerichten zu.

Die Aus- und Fortbildungspflichten von Mediatoren werden in § 5 MediationsG geregelt und gegenüber dem ursprünglichen Gesetzesentwurf deutlich konkretisiert und erweitert. Während der Regierungsentwurf die Aus- und Fortbildung ganz der Eigenverantwortung des Mediators überlassen wollte, führt das verabschiedete Gesetz ein Zwei-Klassen-Modell ein: Wer als "einfacher" Mediator tätig werden will, muss sich selbstverantwortlich theoretische Kenntnisse über näher präzisierte Ausbildungsinhalte wie Verhandlungs- und Kommunikationstechniken, das Recht der Mediation sowie die Rolle des Rechts in der Mediation verschaffen. Über praktische Übungen,  Rollenspiele und Supervisionen muss er genauso verfügen wie über eine Konfliktkompetenz. Daneben sieht das Gesetz einen "zertifizierten Mediator" vor. Als solcher darf sich nur bezeichnen, wer eine Ausbildung im Umfang von mindestens 120 Stunden abgeschlossen hat, die im einzelnen vorgegebenen Ausbildungsstandards entspricht. Die genaue Ausgestaltung der Ausbildungsanforderungen sowie die Erfordernisse der Zertifizierung durch eine möglichst private Institution sind einer noch zu erlassenen Rechtsverordnung des BMJ vorbehalten.
Gegenüber dem früheren Gesetzentwurf kann eine Mediationserklärung nicht in einem gesonderten Verfahren für vollstreckbar erklärt werden. Den Parteien verbleibt damit nur die Möglichkeit, eine Mediationsvereinbarung mit Hilfe der herkömmlichen Institute der §§ 794 ff ZPO vollstreckungsfähig zu machen, etwa indem eine Mediationsvereinbarung von einem Notar beurkundet wird.

Das Mediationsgesetz in der Fassung, die vom Bundestag im Dezember 2011 einstimmig verabschiedet wurde, stieß aber beim Bundesrat auf erhebliche Kritik. Das Gesetz sah anders als noch im Regierungsentwurf die "Überführung" der gerichtsinternen Mediation in ein "erweitertes Güterichterkonzept" vor und ließ die Fortführung der bestehenden Angebote gerichtsinterner Mediation nur noch für einen begrenzten Zeitraum von einem Jahr nach Inkrafttreten zu. Nach dem Willen der Länder sollte die richterliche Mediation allerdings ausdrücklich in den Prozessordnungen verankert werden. Die Länder hatten sich im Herbst 2011 auf der Justizministerkonferenz mit eindeutiger Mehrheit für den Erhalt der gerichtsinternen Mediation ausgesprochen. Das vom Bundestag im Dezember 2011 verabschiedete Mediationsgesetz wurde daraufhin Anfang des Jahres vom Bundesrat in den Bund-Länder-Vermittlungsausschuss geschickt. 

Am 26. Juni 2012 wurde über das geplante Mediationsgesetz im Bund-Länder-Vermittlungsausschuss eine Einigung erzielt. Der Kompromissvorschlag stellte klar, dass es neben einer außergerichtlichen Mediation auch weiterhin eine gerichtsinterne Streitschlichtung durch einen Güterichter geben wird. Diesem sollen bei Güteverhandlungen alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation erlaubt sein. Mediator dürfen sich zukünftig allerdings nur außergerichtliche Streitschlichter nennen. Neu ist auch die Möglichkeit für die Länder Gerichtskosten zu ermäßigen oder sogar ganz zu erlassen. Voraussetzung ist, dass sich die Parteien nach einer Klageerhebung im Rahmen einer Mediation auf eine einvernehmliche Streitbeilegung einigen. Eine entsprechende Öffnungsklausel gestattet den Ländern eigene Kostenregelungen zu treffen.

Am 27. Juni 2012 stimmte der Bundestag dem Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschusses zu und am nächsten Tag gab auch der Bundesrat grünes Licht für das Mediationsgesetz. Am 21. Juli 2012 wurde das Gesetz vom Bundespräsidenten Joachim Gauck unterzeichnet und am 25. Juli 2012 im Bundesgesetzblatt verkündet.

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Verfahrensdokumentation

  Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung, BGBl. I, S.1577 (ZKM 2012, Seite 104-107)

  Beschluss des Dt. Bundestages zum Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung (BR Drs 377/12) 

  Empfehlung des Rechtsausschusses im Bundesrat BR Drs 10_1_12

  149. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 15.12.2011 (Plenarprotokoll 17/149 - Auszug -)

  Beschlussfassung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drs. 17/8058 (01.12.2011)

  Stellungnahmen der Sachverständigen (25.05.2011)

  Protokoll der Bundestagssitzung vom 14.04.2011 (Auszug)

  Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren außergerichtlicher Konfliktbeilegung, BT-Drs 17/5335 (01.04.2011)

  Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drs. 17/5496 (13.04.2011) 

  Stellungnahme Bundesrat, BR-Drs. 60/11 (18.03.2011)

  Empfehlungen der Ausschüsse im Bundesrat, BR-Drs. 60/1/11 (08.03.2011)

  Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 60/11 (04.02.2011)

  Referentenentwurf des BMJ (04.08.2010)

  EU-Mediations-Richtlinie 2008/52/EG