Juristische Laien vertrauen ChatGPT mehr als Anwältinnen und Anwälten

Nicht-Juristinnen und -Juristen sind eher bereit, sich auf die Rechtsberatung durch ChatGPT zu verlassen als auf die von echten Anwältinnen und Anwälten – zumindest, wenn sie nicht wissen, wer von beiden den Rat erteilt hat. Das fand eine Studie an der Universität Southampton (https://www.southampton.ac.uk/) heraus. Dafür schlossen sich Akademikerinnen und Akademiker aus den Bereichen Informatik, Psychologie und Recht zusammen.

In drei Runden wurden insgesamt 288 Personen befragt. Dazu wurde den Teilnehmenden ein rechtlicher Rat gegeben und sie wurden gefragt, welchen sie befolgen würden. Das Ergebnis: Wenn die Teilnehmenden nicht wussten, ob der Rat von echten Anwältinnen und Anwälten oder einer KI stammte, waren sie eher bereit, sich auf den von der KI generierten Rat zu verlassen. Wenn ChatGPT also einen Rechtsrat gibt, ohne seine Natur als KI offenzulegen, ziehen Menschen diesen Rat dem Expertenrat von Anwältinnen und Anwälten vor.

Selbst wenn den Teilnehmenden im Experiment mitgeteilt wurde, welcher Rat von echten Juristinnen und Juristen und welcher Rat von einer KI stammte, waren sie bereit, ChatGPT genauso zu folgen wie dem Rechtsrat von menschlichen Expertinnen und Experten. Haben Anwältinnen und Anwälte in der allgemeinen Bevölkerung einen so schlechten Ruf? Oder liegt es an einer Besonderheit in der Antwortweise der KI-Sprachmodelle? Auch das erforschten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Ihr Ergebnis: Ein Grund dafür, dass KI bevorzugt genutzt wird, ist, dass es eine komplexere Sprache verwendet. Und damit eventuell „klüger“ klingt. Echte Anwältinnen und Anwälte hingegen neigen dazu, in einfacherer Sprache zu sprechen. Allerdings verpacken sie ihren Rat auch in mehr Wörter. Ist das Problem eventuell die fehlende Aufmerksamkeitsspanne vieler Menschen?

Im dritten Experiment untersuchten die Forschenden, ob die Teilnehmenden zwischen KI- und anwaltlich erstellten Inhalten unterscheiden können. Die gute Nachricht: Grundsätzlich ja. Allerdings ist das Experiment sehr knapp ausgegangen. Wer zufällig rät, von wem die vorgelegte Antwort stammt, hat im Experiment eine Punktzahl von 0,5 erhalten. Wenn der oder die Teilnehmende in jedem Fall mit seiner oder ihrer Antwort richtig gelegen hätte, hätte die Person eine Punktzahl von 1,0 erhalten. Im Durchschnitt erreichten die Teilnehmenden eine Punktzahl von 0,59, was eine etwas bessere Leistung als das zufällige Raten bedeutet, aber immer noch relativ schwach ist.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 20.05.2025 09:57
Quelle: www.jurios.de v. 13.5.2025

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