Ärger bei Strom und Gas: Schlichtungsstelle Energie rechnet mit doppelt so vielen Anträgen wie im Vorjahr

Der Preisanstieg bei Strom und Gas hat in diesem Jahr zu einer Rekordzahl an Beschwerden bei der bundesweiten Schlichtungsstelle Energie geführt. Die Zahl der Schlichtungsanträge stieg in den ersten zehn Monaten 2022 auf 15.250. Das ist fast doppelt so viel wie im gesamten Vorjahr. Es sei das antragsstärkste Jahr, das sie bislang hatten, sagte Thomas Kunde der Süddeutschen Zeitung.

Der Geschäftsführer der Schlichtungsstelle rechnet für das gesamte laufende Jahr mit etwa 18.000 Schlichtungsanträgen - so viele wie noch nie in der Geschichte der Einrichtung.

Die Schlichtungsstelle Energie ist die zentrale Stelle zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten zwischen Energieversorgungsunternehmen und Verbrauchern. Sie arbeitet unabhängig und neutral und wurde 2011 vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz anerkannt (§ 111b EnWG). Getragen wird sie von den Verbänden der Energiewirtschaft und dem Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. Mit ihrer Arbeit soll die Schlichtungsstelle die Gerichte entlasten und zur Zufriedenheit der Strom- und Gaskunden beitragen.

Ihr Ziel ist es, bei Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Energiefirmen eine "außergerichtliche und einvernehmliche" Lösung zu finden. Den Antrag für eine Schlichtung können dabei nur Verbraucher stellen, die Strom oder Gas privat nutzen. In den vergangenen Monaten haben sie davon reichlich Gebrauch gemacht. Hintergrund sind die deutlich gestiegenen Preise bei Strom und Erdgas. Die Energieversorger sehen sich mit höheren Einkaufspreisen konfrontiert. Sie versuchten daher, die Kostensteigerungen über höhere Preise an die Verbraucher weiterzugeben. Nicht immer gehen sie dabei korrekt vor. Wo das nicht der Fall ist, steigt das Beschwerdeaufkommen.

Tatsächlich stellen Preiserhöhungen den häufigsten Grund zur Beschwerde dar: Bis Ende Oktober gingen dazu 3.350 Schlichtungsanträge ein. Häufig geht es dabei um Fälle, bei denen die Tarife trotz Preisgarantie angehoben wurden. Knapp 3.000 Beschwerden gab es nach Angaben der Schlichtungsstelle zu "sonstigen Schadenersatzansprüchen" der Verbraucher. Dies seien oft Fälle, bei denen eine Energiefirma die Belieferung einfach einstellt. Die Kunden müssen sich dann einen neuen Anbieter suchen. Wegen der gestiegenen Preise ist der jedoch meist deutlich teurer. Die Verbraucher verlangen deshalb Schadenersatz vom bisherigen Versorger.

In vier von fünf Schlichtungsverfahren gelinge die Beilegung des Streits, sagt Thomas Kunde. Eine Schlichtung ist deshalb im Grunde für jeden geeignet, der Probleme mit seinem Energieversorger hat.

Für Verbraucher ist das Verfahren kostenlos. Im Schnitt dauert das Schlichtungsverfahren etwa drei Monate. Steht am Ende eine Einigung, ist diese für beide Parteien bindend – ähnlich wie ein zivilrechtlicher Vergleich. Gelingt die Schlichtung nicht, bleibt Verbrauchern der Gang vor Gericht.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 28.11.2022 14:38
Quelle: www.sueddeutsche.de v. 13.11.2022

zurück zur vorherigen Seite