Aktuell in der ZKM

Zukünftige Ausbildungsvorgaben für zertifizierte Mediatoren (Klowait, ZKM 2022, 19)

Der Beitrag schildert den kürzlich veröffentlichten Planungsstand des Bundesministeriums der Justiz zur Novellierung der Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung (ZMediatAusbV), bewertet die vorgesehenen Änderungen und gibt Hinweise zu einigen Regelungskomplexen, denen aus Sicht des Verfassers im weiteren Gesetzgebungsverfahren besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte.


A. Diskussionspapier des BMJ zur Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung

B. Stellungnahme zu den vorgesehenen Änderungen der ZMediatAusbV

I. Entwicklungslinien unterbreiteter Reformvorschläge im Zuge der Mediationskonferenzen des BMJ

1. Keine Verkammerung des Mediationswesens

2. Keine signifikante Erhöhung der Anzahl der Ausbildungsstunden

II. Konkret erwogene Änderungen

1. Zulässigkeit von Gruppensupervisionen

2. Ausweitung des Ausbildungsinhaltes auf insgesamt fünf supervidierte Mediationen

3. Modifikation des Systems der Zertifizierung

4. Aufnahme der zusätzlichen Lehrinhalte „Digitalkompetenz und Onlinemediation“

5. Klarstellung des Begriffs der Präsenzzeitstunden und teilweise Öffnung für Online-Formate

C. Resümee und Ausblick


A. Diskussionspapier des BMJ zur Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung

Am 15.11.2021 publizierte das BMJ 1 den Planungsstand zur Änderung der ZMediatAusbV in Gestalt eines Diskussionspapiers.  Es wurde von der zuständigen Referatsleiterin, Dr. Larissa Thole, erstmalig vorgestellt im Rahmen der Mediationskonferenz des BMJ vom 16.11.2021. Diese Konferenz bildete den Abschluss einer seit Juni 2020 durchgeführten Reihe von Veranstaltungen des BMJ, in denen beteiligten Kreisen die Gelegenheit gegeben wurde, Beiträge zum übergeordneten Konferenz-Motto „Stärkung der Mediation: Qualitäts- und Reputationssteigerung durch mehr staatliche Regulierung?“ zu leisten und zur Diskussion zu stellen.

Zur Umsetzung und weiteren Konkretisierung des Diskussionspapiers wurde seitens des BMJ für das Frühjahr 2022 ein Referentenentwurf angekündigt, der – nachdem den eingebundenen Mediationskreisen die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt wurde – in die zum 1.1.2023 in Kraft tretende, novellierte ZMediatAusbV münden könnte.

B. Stellungnahme zu den vorgesehenen Änderungen der ZMediatAusbV

Im Folgenden werden die beabsichtigten Änderungen der ZMediatAusbV kommentiert. Vorangestellt wird eine Einordnung der geplanten Änderungen mit Blick auf vereinzelt erhobene, zum Teil weitergehende Reformvorschläge der Ausbildung zertifizierter Mediatoren.

I. Entwicklungslinien unterbreiteter Reformvorschläge im Zuge der Mediationskonferenzen des BMJ

Ohne an dieser Stelle sämtliche der diskutierten Ansätze vorstellen zu können,  werden im Folgenden zwei relativ weitreichende Vorschläge dargestellt, die nach derzeitigem Planungsstand des BMJ keinen Anklang und keinen Eingang in die Novelle der ZMediatAusbV finden werden.

1. Keine Verkammerung des Mediationswesens

Maßgeblich von der Deutschen Stiftung Mediation wurde der Vorschlag unterbreitet, eine Bundesmediatorenkammer einzurichten.  Eine solche Verkammerung des Mediatorenberufs sei geeignet, die Qualitätssicherung im Sinne des Verbraucherschutzes zu gewährleisten und könne die Bekanntheit und Akzeptanz der Mediation in der Bevölkerung fördern. 

Der Vorschlag, eine Bundesmediatorenkammer einzurichten, ist im Schrifttum lebhaft diskutiert worden.  Von einer solchen Verkammerung abzusehen, erscheint vor allem aus einem Grund folgerichtig: Anders als etwa im Anwaltsbereich hat sich bislang schlicht kein einheitliches Berufsbild des Mediators herausgebildet. Die Motivationen, eine Mediationsausbildung zu absolvieren, sind vielfältig. Sie reichen von dem bloßen Wunsch, das eigene Kommunikations-, Verhandlungs- und Konfliktverhalten zu schulen über die Vorstellung, in geeigneten Ausnahmefällen „nebenberufliche“ Mediationsaufträge zu übernehmen bis hin zu der – in Summe eher selteneren – Idee, den Beruf des Mediators/der Mediatorin im Anschluss an die Ausbildung hauptberuflich auszuüben. Vor diesem Hintergrund hinkt der von den Befürwortern der Kammer-Idee vorgebrachte Vergleich mit der Verkammerung des Anwaltsberufs deutlich: Während man es in der Anwaltschaft mit einem historisch gewachsenen und in Summe homogenen Berufsbild zu tun hat, fehlt ein solches – und damit auch ein geeigneter Anknüpfungspunkt und Rechtfertigungsgrund für eine „Zwangsverkammerung“ – derzeit im Bereich der Mediation. Hierauf weist, wenn auch mit leicht abweichender Begründung, selbst das von der Deutschen Stiftung Mediation beauftragte Gutachten von Kluth hin, wenn dort ausgeführt wird:

„Zentrale Voraussetzung und zugleich zentrale Hürde für die Errichtung einer Kammer ist die rechtssichere Identifikation der gesetzlichen Mitglieder. Derzeit gibt es für Mediatoren keine Registrierungspflicht mit der Folge, dass die potenziellen Kammermitglieder nicht rechtssicher bestimmt werden können.“ 

Aus den vorgenannten Gründen, aber auch mit Blick auf fortbestehende Zweifel, inwiefern eine Verkammerung mitsamt der Intensität der ihr innewohnenden Regulierung und Bürokratie zur Erreichung des verfolgten Ziels der Qualitätssicherung und der Reputationsförderung der Mediation geeignet und erforderlich ist, erscheint es folgerichtig, dass das BMJ diesen Ansatz nicht aufzugreifen gedenkt.

2. Keine signifikante Erhöhung der Anzahl der Ausbildungsstunden

Abgesehen von der geplanten Aufstockung des bislang 120 Stunden umfassenden Zeitkontingentes um weitere 10 Stunden für die Lehrinhalte „Digitalkompetenz und Onlinemediation“ wird es keine grundlegende Erhöhung der Anzahl der geforderten Ausbildungsstunden geben. Damit wird der seit Jahren erhobenen Forderung interessierter Kreise und Verbände – vornehmlich des sog. Qualitätsverbundes Mediation (QVM) 8  –, mindestens 200 Ausbildungsstunden in der ZMediatAusbV zu verankern, eine klare Absage erteilt. Zu Recht: Weder bestehen rein rechtstatsächlich Anhaltspunkte dafür, dass die bundesdeutsche Mediationspraxis in Summe überhaupt unter einem Qualitätsdefizit leidet, noch dass ein solches – hypothetisches – Defizit nur mit der verbandsseitig geforderten Aufstockung auf mindestens 200 Ausbildungsstunden behoben werden könnte. Auch aus rechtlichen Gründen bedürfte es eines solchen – nicht erbrachten – Nachweises aber, um eine verpflichtende Vorgabe rechtssicher auszugestalten.

II. Konkret erwogene Änderungen

1. Zulässigkeit von Gruppensupervisionen


Nach geltender Rechtslage verlangt § 2 Abs. 5 ZMediatAusbV für die Zertifizierung eine „Einzelsupervision im Anschluss an eine als Mediator oder Co-Mediator durchgeführte Mediation“ als Ausbildungsbestandteil, gefolgt von mindestens vier entsprechenden Teilnahmen an Einzelsupervisionen, die als Bestandteil der Pflichtfortbildung nach § 4 Abs. 1 ZMediatAusbV innerhalb der zwei auf den Abschluss seiner Ausbildung folgenden Jahre stattfinden müssen.

Trotz zum Teil weitergehender Interpretationsansätze  ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut als auch aus der Entstehungsgeschichte der vorgenannten Normen, dass der Begriff der Einzelsupervision – unter Ausschluss von Gruppensupervisionen – durchaus wörtlich zu verstehen ist.  Dass dies für die geltende ZMediatAusbV auch die Sicht des BMJ ist, ergibt sich aus der Positionierung der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion vom 20.9.2019.  In der diesbezüglichen Antwort  wird ausdrücklich auf das Erfordernis eines Einzelgesprächs verwiesen, da eine Gruppensupervision erstens nicht sicher gewährleiste, dass eine Mediation gerade des Supervisanden Gegenstand des Gesprächs sei und zweitens der Vorteil eines Einzelgesprächs der geschützte Raum und damit die Intimität der möglichen Auseinandersetzung sei. Vor diesem Hintergrund ist es zunächst überraschend, dass das BMJ erwägt, die bisherige Positionierung im Rahmen der ZMediatAusbV-Novelle dahingehend aufzuweichen, dass neben der Einzelsupervision zukünftig auch Gruppensupervisionen zulässig sein sollen. Dies mag den Praktikabilitätsinteressen der Supervisionsanbieter entgegenkommen, bedarf aber einer klaren Regelung der Eckdaten, will man der Gefahr von Qualitätseinbußen wirksam begegnen. Hierzu zählt zuvorderst, dass eine Gruppensupervision sich in jedem Fall (auch) auf eine von dem Supervisanden als Mediator oder Co-Mediator durchgeführte Mediation beziehen muss. Die bloße Teilnahme an einer Gruppensupervision, deren Gegenstand ausschließlich Mediationsfälle anderer Teilnehmer sind, ist in keinem Fall ausreichend. Zweitens muss sichergestellt sein, dass der durch den Supervisor angeleiteten Reflektion über den eigenen Mediationsfall ausreichend Zeit eingeräumt wird. Eine bloß oberflächliches „An-Supervidieren“ der von den Gruppenteilnehmern eingebrachten Fälle würde ein im Vergleich zur Einzelsupervision nicht zu rechtfertigendes Qualitätsdefizit nach sich ziehen. Dies entzieht sich zwar einer starren zeitlichen Vorgabe; es sollte aber erwogen werden, eine Höchstzahl der in einer Gruppensupervision behandelten Fälle vorzugeben (z.B. maximal drei), um zumindest auf diesem Wege eine noch ausreichend individuell gestaltete Selbstreflektion zu ermöglichen.

Angesichts der im Rahmen der Mediationskonferenz vielfach geäußerten Anregung, das bisherige Merkmal der Durchführung einer Supervision „im Anschluss“ an eine durchgeführte Mediation dahingehend zu ändern, dass zukünftig auch eine „im Zusammenhang“ mit der zugrunde liegenden Mediation durchgeführte Supervision ausreichend sein soll, stellt sich die Frage, welche Auswirkungen eine solche Änderung hätte. Praxisrelevant wird die vorgenannte Unterscheidung dann, wenn sich eine Mediation – was bei komplexeren Konfliktlagen regelmäßig der Fall ist – über mehrere Mediationssitzungen erstreckt. Selbstverständlich bleibt es dem Mediator unbenommen, sich in einem solchen Fall dergestalt begleiten zu lassen, dass eine Supervision jeweils im Anschluss an die einzelnen Sitzungstermine stattfindet. Will man – was gerade unter Qualitätsaspekten angezeigt ist – an dem Erfordernis einer hinreichenden, fachkundig angeleiteten Reflektion „einer Mediation“ jedoch festhalten, sollte sich die Supervision auch zukünftig auf den kompletten Verlauf des mediierten Falles beziehen müssen. Ein deutlicher Qualitätsgewinn könnte zudem dadurch realisiert werden, dass die Anforderungen an die einzuhaltenden Standards der Supervision – zumindest aber die von Supervisoren erwartete Qualifikation – konkretisierend aufgenommen werden. 

2. Ausweitung des Ausbildungsinhaltes auf insgesamt fünf supervidierte Mediationen

Uneingeschränkt zu begrüßen ist das Vorhaben des BMJ, die bislang erst nach Ausbildungsabschluss verlangten vier durchgeführten und supervidierten Mediationen (§ 4 Abs. 1 ZMediatAusbV) künftig als Pflichterfordernis in die Ausbildung zu integrieren. In der Konsequenz dürfen Ausbildungsabsolventen zukünftig erst dann die Bezeichnung zertifizierter Mediator führen, wenn sie zusätzlich zu der supervidierten Mediation, die sie (jetzt) gem. § 2 Abs. 5 ZMediatAusbV während des Ausbildungslehrganges oder innerhalb eines Jahres nach dessen erfolgreicher Beendigung vorzuweisen haben, innerhalb zweier weiterer Jahre an vier weiteren Supervisionssitzungen über selbst oder als Co-Mediator durchgeführte Mediationen teilgenommen haben.

Damit wird der vielfach geäußerten Kritik an der geltenden Rechtslage Rechnung getragen, die es auch praxisunerfahrenen (weil nur mit der nachgewiesenen Erfahrung einer einzigen Mediation ausgestatteten) Ausbildungsabsolventen ermöglicht, am Markt als zertifizierter Mediator aufzutreten. (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 06.04.2022 11:08
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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