Welche Rolle Emotionen in der Mediationsarbeit spielen

Der Wiener Mediator und Jurist Ulrich Wanderer beschäftigt sich in einem Gastbeitrag auf www.derstandard.de mit Emotionen in der Mediationsarbeit. Viele Parteien könnten sich nicht auf eine gleichberechtigte, ergebnisoffene Diskussion auf Augenhöhe, in einem wertschätzenden Ton einlassen. Das liege auch daran, dass die Beteiligten sich in einem Konflikt oder nach einer Trennung auf unterschiedlichen emotionalen Entwicklungsstufen befänden.

Angelehnt an die Forschung der sonst als „Sterbeforscherin" bekannten Elisabeth Kübler-Ross kann man laut Wanderer auch die Trauerarbeit nach einer Trennung in vergleichbare Stufen teilen (Leugnen, Zorn, Verhandeln, Depression, Akzeptanz).

Wie oft entspricht es der Lebensrealität, dass in einem Trennungskonflikt beide Parteien auf der exakt gleichen Stufe dieser Leiter stehen? Daher gilt es laut Wanderer zu beachten, dass die Emotionen des verletzten, trauernden und wütenden Partners oder Partnerin nicht per se als bösartige Offenbarung einer aggressiven Persönlichkeit zu deuten sind, sondern schlicht einem anerkannten Modell der Trauerarbeit folgen, wobei natürlich Grenzen zu ziehen sind, um keinesfalls in den Bereich der Gewalt zu kommen.

Mediation bedeute die Einlassung in einen Prozess, der eben im Gegensatz zum reinen juristischen Prozessakt weit tiefer geht. Selbst wenn am Ende ein rechtskräftiger Ausspruch stehe, so windet sich der Weg der Mediation durch ein Dickicht von Emotionen, Kränkungen, Wut und Hilflosigkeit. Doch gibt es eben die Aussicht auf eine Zukunft, in der sich die erarbeitete Lösung als Fundament beweist, betont Wanderer.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 06.04.2022 10:12
Quelle: www.derstandard.de v. 21.3.2022

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