Friedensrichter: Bereitschaft zum Kompromiss nimmt ab

Bei besserer Unterstützung könnten die Schiedsstellen in Sachsen aus Sicht von Friedensrichter Klaus-Jürgen Wilhelm mehr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt leisten. "Schiedsverfahren sind gut für den gesellschaftlichen Frieden und entlasten die Justiz", sagt Wilhelm, der auch Vorsitzender der Landesvereinigung Sachsen des Bundes Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen (BDS) ist.

Im Unterschied zu kleineren Gemeinden, wo jeder jeden kenne, seien vor allem in größeren Städten sowohl Schlichtungsverfahren als auch Friedensrichter den Menschen oft unbekannt. Bürokratische Abläufe wirkten erschwerend. Dabei hätten sich Schiedsstellen etwa in den westlichen Bundesländern, wo es sie schon länger gebe, bewährt. Wenn Streitigkeiten unter Nachbarn das Zusammenleben schwer machen, kann möglicherweise der Friedensrichter, der nur in Sachsen so heißt, schlichten.

Nach Angaben des Statistischen Landesamtes führten die 300 Schiedsstellen in Sachsen im Jahr 2019 genau 363 Schlichtungsverfahren in Zivil- und Strafsachen durch - 33 weniger als 2018. Auch die Zahl der sogenannten "Tür- und Angelfälle", in denen es nach einem Beratungsgespräch nicht zu einem formellen Verfahren kommt, ist um 328 auf 2.263 gesunken. Die Zahlen für 2020 liegen noch nicht vor. Bei den meisten Schlichtungsverfahren ging es demnach um Nachbar- und Mietrechtsstreitigkeiten. In den meisten Fällen verglichen sich die Parteien, es wurden Forderungen anerkannt oder auf sie verzichtet. In 419 sächsischen Gemeinden kümmern sich ehrenamtliche Friedensrichter um solche Schlichtungsverfahren.

Die Zahl der Schiedsverfahren ist zwar rückläufig. Die Kontrahenten seien jedoch weniger kompromissbereit und beharrten immer öfter auf "ihrem Recht", klagt Wilhelm. Eine Schlichtung sei da kaum möglich. Es wäre gut, wenn bei Nachbarschaftsstreitigkeiten auch in Sachsen Betroffene zunächst bei einem Friedensrichter eine Einigung versuchen müssten, ehe sie vor Gericht gehen, wie in anderen Bundesländern bereits geregelt. Die große Unkenntnis über Schlichtungsverfahren erschwere auch die Nachwuchsgewinnung. Es sei generell schwierig und dauere oft lange, Nachfolger für dieses Ehrenamt zu finden.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 09.11.2021 14:55
Quelle: www.saechsische.de v. 2.10.2021

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