Prozessfinanzierer FORIS: Verbrauchersammelklagen derzeit uninteressant

Die EU hat eine neue Richtlinie zu Verbrauchersammelklagen verabschiedet, die der deutsche Gesetzgeber bis 2023 umsetzen muss. Frederick Iwans, Ex-General-Counsel beim Marktforscher GfK und seit diesem Jahr im Vorstand des Prozessfinanzierers FORIS, hofft im Interview mit dem Branchenmagazin JUVE, dass der deutsche Gesetzgeber den allein klagebefugten Verbraucherverbänden gestattet, die Dienste von Prozessfinanzierern in Anspruch nehmen zu dürfen. So habe etwa der Bundesgerichtshof 2019 entschieden, dass es Verbraucherverbänden verboten ist, bei einer erfolgreichen Gewinnabschöpfungsklage gegen Unternehmen einen Teil des abgeschöpften Gewinns an einen Prozessfinanzierer abzugeben. Viele berechtigte Klagen im Namen von Verbrauchern kommen laut Iwans gar nicht erst zustande, weil die Verbände das Prozesskostenrisiko nicht eingehen können.

Von der Gesetzesnovelle erhofft sich der FORIS-Vorstand, dass im besten Fall erstmals Abhilfe für das Problem geschaffen wird, dass die meisten Verbraucher bei kleinen Verstößen den Aufwand scheuen, ihr Recht aktiv einzuklagen. Niemand schalte einen Anwalt ein, weil er von seinem Stromanbieter um 100 Euro geprellt wurde. Wegen dieses sogenannten rationalen Desinteresses, das zu Passivität führt, kämen Unternehmen mit Verstößen oft davon. Wenn bald qualifizierte Einrichtungen im Namen von Verbrauchern Sammelklagen erheben können, ändere sich das vielleicht, so Iwans. Die Umsetzung der EU-Richtlinie in deutsches Recht dürfe nicht dazu führen, dass sie zu einem zahnlosen Tiger werde. So dürften die Anforderungen an klagebefugte Einrichtungen nicht zu hoch sein. Außerdem müsse man es Verbrauchern leicht machen, sich an Klagen zu beteiligen. Dazu sei ein Opt-out-Modell am besten geeignet: Wer nicht ausdrücklich austritt, nimmt automatisch an einer Sammelklage teil.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 05.07.2021 12:01
Quelle: www.juve.de v. 30.6.2021

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