US-Richter weist Bayer-Vergleichsvorschlag zur Einigung mit Glyphosat-Klägern ab

Der US-Richter Vince Chhabria hat den Vorschlag der Bayer AG für den Umgang mit künftigen Klagen im Zusammenhang mit dem glyphosathaltigen Unkrautvernichter Roundup zurückgewiesen. In San Francisco bezeichnete er Teile davon als „klar unvernünftig“. Der Plan „würde viel für Monsanto“, aber „deutlich weniger für Roundup-Nutzer erreichen“, die derzeit gesund sind.

Damit bleibt das heikle, aber wichtige Thema der möglichen Klagen von Menschen, die erst später erkranken könnten, ungelöst. Der Plan sollte Teil des milliardenschweren Vergleichs wegen der angeblich krebserregenden Wirkung von Glyphosat sein. Mit dem Vergleich will Bayer eigentlich der enormen Klagewelle ein Ende setzen, die der Leverkusener Konzern mit der Übernahme von Monsanto auf sich gezogen hat.

Für die bisher vorliegenden Klagen von mehr als 125.000 Amerikanern, die Glyphosat für ihre Krebserkrankung verantwortlich machen, gibt es bereits eine feste Lösung. Diese Klagen will Bayer mit bis zu 9,6 Milliarden Dollar außergerichtlich beilegen. Dabei sind die Kläger fast ausschließlich Privatnutzer, die das Glyphosat unter der Marke Roundup zur Unkrautbeseitigung in ihren Gärten einsetzten.

Aber es bleibt das Thema der zukünftigen Klagen von Meschen, die Roundup weiter benutzen und damit theoretisch weiterhin erkranken können. Da Roundup aber weiterhin frei verkauft wird, ist es wahrscheinlich, dass in den nächsten Jahren weiter gegen Bayer geklagt wird, wenn bei Nutzern Krebserkrankungen auftreten.

Für diese potentielle Klägergruppe hat Bayer sich mit den gegnerischen Anwälten auf ein besonderes Konstrukt geeinigt. Das beinhaltet nicht nur bestimmte Entschädigungshöhen für künftige Kläger. Es sieht auch ein Expertengremium vor, das entscheiden soll, ob es den Zusammenhang zwischen Glyphosat und den Krebserkrankungen überhaupt gibt.

Die Vorwürfe gegen Glyphosat hat Bayer stets zurückgewiesen. Behörden weltweit haben das Mittel als nicht krebserregend eingestuft. Die Krebsforschungsagentur IARC bewertete den Wirkstoff 2015 jedoch als „wahrscheinlich krebserregend“. Auch verschiedene Studien, die die Klägeranwälte vorgelegt haben, legen einen Zusammenhang nahe.

Über kurz oder lang steht der Einsatz von Roundup für den Hausgebrauch von Privatpersonen vor dem Aus. Und das vermutlich nicht nur in den USA, sondern weltweit. Der Konzern könnte damit die Zahl der Klagen reduzieren, ohne sich einen Umsatzverlust in Milliardenhöhe einzuhandeln. Denn entscheidend für die Gewinn- und Verlustrechnung ist das Geschäft mit den Landwirten, die mit Glyphosat erst ihr Unkraut vernichten und dann Glyphosat-resistentes Saatgut teuer von Bayer kaufen und pflanzen. Umgekehrt bilden derzeit die Privatkunden rund 90 Prozent der Sammelkläger. Gibt Bayer das Privatkundengeschäft auf, reduziert sich auch die Gefahr von entsprechenden Prozessrisiken.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 07.06.2021 16:36
Quelle: Handelsblatt v. 27.5.2021 + Capital v. 27.5.2021

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