Clearingstelle gegen Internetpiraterie gegründet

Internetzugangsanbieter wie die Telekom oder Vodafone und Rechteinhaber in Deutschland haben einen gemeinsamen Verhaltenskodex unterzeichnet und die Clearingstelle Urheberrecht im Internet (CUII) eingerichtet. Diese soll urheberrechtsverletzende Webseiten, die geschützte Werke wie Kinofilme oder Musik zugänglich machen, sperren können.

In der Praxis fehlen Rechteinhabern wie beispielsweise Musik- oder Filmstudios effiziente Zugriffsmöglichkeiten, um gegen Betreiber von Webseiten vorzugehen, deren Geschäftsmodell auf Urheberrechtsverletzungen aufbaut. Illegale Streamingseiten werden häufig aus nicht-europäischen Ländern betrieben, die eine behördliche Zusammenarbeit verweigern oder erschweren. Diese Seiten sind aber aus Deutschland zu erreichen.

Rechteinhaber können die Sperrung solcher Webseiten durch den Internetzugangsanbieter verlangen, wenn sie keine andere Möglichkeit haben, der Rechtsverletzung abzuhelfen und die Sperrung zumutbar und verhältnismäßig ist. Die Clearingstelle Urheberrecht im Internet prüft die Anträge der Rechteinhaber darauf, ob die rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen für die Einrichtung der Sperre vorliegen.

Über Jahre haben sich Rechteinhaber gegen Internetpiraterie prozessual gewehrt und Seiten wie ‚kinox.to‘ 2018 rechtlich sperren lassen. Parallel dazu versuchten Provider durch Prozesse eine eindeutigere Gesetzeslage zu erwirken. Auch der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) hatte sich bereits mit der Thematik beschäftigt.

Die Parteien haben sich schließlich vor zwei Jahren zusammengetan, um an einer grundlegenden Lösung für das Problem zu arbeiten. Entstanden ist so die CUII: Durch diese Institution kann nun der Zugang zu sogenannten strukturell urheberrechtsverletzenden Webseiten außergerichtlich gesperrt werden. Voraussetzung ist, dass die gemeinsam eingerichtete unabhängige Clearingstelle dies empfiehlt und die Bundesnetzagentur (BNetzA) keine Bedenken gemäß der EU-Netzneutralitätsverordnung hat, so die CUII.

Eine Sperrungsempfehlung durch die CUII kann nur bei Einstimmigkeit des dreiköpfigen Prüfausschusses erfolgen. Den Vorsitz der beiden Ausschüsse haben jeweils pensionierte Richter des Bundesgerichtshofes, die mit der Materie rechtlich und technisch vertraut sind. Des Weiteren sitzen in jedem Ausschuss ein Vertreter der Internetzugangsanbieter und ein Vertreter der Rechteinhaber.

Einen ersten Erfolg erzielte die CUII in Kooperation mit der BNetzA mit der Sperre gegen die strukturell urheberrechtsverletzende Webseite ‚S.to‘ sowie ‚SerienStream.sx‘ (jetzt ‚Serien.sx‘).

Das Verfahren gewährt den Internetzugangsanbietern durch die Beteiligung der BNetzA schlussendlich mehr Rechtssicherheit, unter welchen Voraussetzungen sie verpflichtet sind urheberrechtliche Netzsperren umzusetzen. Das könnte für Rechtsfrieden nach mehr als einem Jahrzehnt an Gerichtsstreitigkeiten zu diesem Thema sorgen. Auch der Europäische Gerichtshof hatte bereits im Jahr 2014 geurteilt, dass Sperren von Webseiten ein zulässiges Mittel sind, um Urheberrechtsverletzungen über Provider zu unterbinden.

Das europäische Recht verpflichtet die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass die Rechteinhaber eine Anordnung gegen Internetzugangsanbieter beantragen können, deren Dienste von einem Dritten zwecks Urheberrechtsverletzung genutzt werden. Ähnliche Modelle wie die CUII gibt es in anderen europäischen Ländern bereits. Um wettbewerbsrechtliche Einwände von vornherein abwenden zu können, war auch das Bundeskartellamt involviert.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 19.04.2021 15:55
Quelle: www.juve.de v. 26.3.2021

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