VW-Ombudsmann Günter Hirsch kritisiert Eintragungspraxis in das Klageregister bei Musterfeststellungsklagen

Der Verbraucherzentrale-Bundesverband (vzbv) hatte die Volkswagen AG im Rahmen einer Musterfeststellungsklage vor dem Oberlandesgericht Braunschweig in Anspruch genommen, um feststellen zu lassen, dass VW zur Entschädigung der Erwerber bestimmter VW-Fahrzeuge mit von dem Abgasskandal betroffenen Motoren verpflichtet sei. Der Musterfeststellungsklage hatten sich über 400.000 Verbraucher angeschlossen. Von den rund 265.000 nach der Rahmenvereinbarung zum Vergleich berechtigten Verbrauchern haben sich etwa 245.000 (rund 92 Prozent) mit Volkswagen verglichen. Ausgezahlt wurden mittlerweile über 750 Millionen Euro.

Für die Entscheidung von Streitfragen zwischen der Volkswagen AG und den beteiligten Verbrauchern bei der Abwicklung des Vergleichs wurde eine Ombudsstelle eingerichtet. Als Ombudspersonen wurden die Bundesministerin a.D. Brigitte Zypries, der ehemalige Präsident des Bundesgerichtshofs Prof. Günter Hirsch und der ehemalige Bundesdatenschutzbeauftrage Peter Schaar berufen. Betroffene Verbraucher konnten sich bis zum 31. August 2020 an die Ombudsstelle wenden und von VW im Rahmen der Abwicklung des Rahmenvergleichs getroffene Entscheidungen überprüfen lassen. Über die weitaus meisten Beschwerden hat die Ombudsstelle inzwischen entschieden – und zwar in über 1.300 Beschwerdefällen.

Knapp die Hälfte der Entscheidungen fiel zugunsten der Beschwerdeführer aus. Nicht all diesen Fällen lagen unterschiedliche rechtliche Auffassungen von VW und der Ombudsperson zugrunde. Zum Teil legten die Antragsteller erst im Ombudsverfahren die entscheidenden Nachweise vor, die ihren Anspruch begründeten.

Die mit rund 20 Prozent größte Gruppe aller Beschwerden sind jedoch Konstellationen, in denen die Verbraucher keine erfolgreiche Eintragung in das Klageregister der Musterfeststellungsklage nachweisen konnten, berichtet Prof. Günter Hirsch in einem Artikel der Fachzeitschrift „Verbraucher und Recht“. Dabei gaben die meisten Betroffenen zwar an, sich zum Register angemeldet zu haben, eine Eintragung konnte durch das zuständige Bundesamt für Justiz jedoch nicht bestätigt werden. Soweit auch kein Nachweis für die erfolgte Anmeldung vorgelegt werden konnte, hatten diese Beschwerden keinen Erfolg.

Die Gründe für das Fehlschlagen der Anmeldung zum Klageregister ließen sich in den meisten Fällen nicht nachvollziehen. Aufgrund zahlreicher gleichartiger Fälle liegt laut Prof. Hirsch jedoch die Vermutung nahe, dass insbesondere die durch das Bundesamt für Justiz bereitgestellten Wege für die Anmeldung zum Klageregister besonders fehleranfällig waren.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 02.02.2021 13:53
Quelle: VuR 2020, 454 ff.

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