FDP fordert Schlichtungsverfahren bei Streitigkeiten im gewerblichen Mietrecht infolge Corona

Die FDP fordert die Bundesregierung in ihrem Antrag gegen „einseitige Lastenverteilungen im Gewerbemietrecht“ (19/25318) auf, im Einvernehmen mit den Ländern freiwillige Schlichtungsverfahren einzurichten, über die die betroffenen Kreise zu schnellen und sinnvollen Lösungen kommen können, um teure gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Die Fraktion verweist auf das bei Industrie- und Handelskammern praktizierte Modell für die Schlichtung bei Berufsausbildungsverhältnissen.

Mit Blick auf die zu erwartenden Probleme bei den gewerblichen Mietverhältnissen haben bereits im Sommer 2020 der Handelsverband Deutschland HDE und der Zentrale Immobilien Ausschuss ZIA eigeninitiativ gemeinsame Handlungsempfehlungen für ihre Mitglieder entwickelt. Diese sollten Gewerbemietern und Gewerbevermietern helfen, „eine angemessene und außergerichtliche Risikoverteilung bei Mietverträgen“ zu finden. Für die Gespräche zwischen den Vertragsparteien solle bei den staatlich verfügten Betriebsschließungen für den Regelfall eine Mietreduzierung um 50 Prozent als Richtschnur für den Schließungszeitraum und ein geringerer Wert für die folgenden drei Monate dienen.

Aus Sicht des HDE konnte ein bedeutender Teil der Gewerbevermieter und -mieter keine einvernehmliche und angemessene neue Vereinbarung im Sinne der Handlungsempfehlung treffen. Deshalb sei ein Einschreiten des Gesetzgebers notwendig. Der ZIA hingegen kann bei nur einem geringen Prozentsatz der Gewerbemietverhältnisse feststellen, dass bislang keine Einigung über Vertragsanpassungen erzielt werden konnte. Ein erheblicher Teil der Mietnachlässe gehe sogar über das hinaus, was im Verhaltenskodex zwischen HDE und ZIA vereinbart worden sei.

Ein freiwilliges Schlichtungsverfahren soll sich nach Vorstellungen der FDP an dem Modell orientieren, das bei Industrie- und Handelskammern (IHK) bereits für Berufsausbildungsverhältnisse praktiziert wird. Ähnliche Schlichtungsausschüsse für pandemiebedingte Miet- und Pachtstreitigkeiten könnten sich aus je einem Vertreter der beiden jeweils streitrelevanten Branchen zusammensetzen. Die Mitglieder des Ausschusses werden von den Industrie- und Handelskammern für höchstens zwei Jahre berufen. Die Mitglieder üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus. Unterstützt wird ein Schlichtungssauschuss durch vom Justiziariat einer Industrie- und Handelskammer zu benennende Beauftragte. Dieses können Mitarbeiter der IHK oder externe Sachverständige sein. Der Ausschuss kann von jeder der streitenden Parteien angerufen werden. Notwendig ist ein formloser schriftlicher, auch digital eingereichter oder mündlicher Antrag bei der für eine der streitbetroffenen Parteien zuständigen Industrie- und Handelskammer. Die Beteiligten können die stets nichtöffentliche Verhandlung vor dem Ausschuss selbst führen oder sich vertreten lassen. Während des Verfahrens, das so schnell wie möglich durchzuführen ist, soll eine gütliche Einigung angestrebt werden. Ein vor dem Ausschuss geschlossener Vergleich ist unter Angabe des Tages seines Zustandekommens von den Mitgliedern des Ausschusses und den Beteiligten zu unterzeichnen. Ein von den Beteiligten anerkannter Spruch besitzt die Rechtskraft eines Urteils. Sofern das Verfahren keine anderweitige Erledigung findet, hat der Ausschuss einen einstimmigen Spruch zu fällen. Dieser wird nur wirksam, wenn er innerhalb einer Woche nach Aushändigung oder Zustellung anerkannt wird. Bei Nichtanerkennung ist eine Klage beim zuständigen Gericht nur binnen zwei Wochen nach Aushändigung oder Zustellung des Spruches zulässig.

Soweit es den Mietern und Vermietern einer Gewerbeimmobilie nicht gelingt, sich außergerichtlich zu einigen, kann der Gesetzgeber laut Vorschlag der FDP den streitenden Vertragsparteien helfen, indem er gewährleistet, dass der Rechtstreit durch das Gericht beschleunigt geprüft und das Verfahren vorrangig durchgeführt wird.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 19.01.2021 15:25
Quelle: Bundestag Drucksache 19/25318

zurück zur vorherigen Seite