Aktuell in der ZKM

Vergütungsanspruch eines anwaltlichen Mediators (Röthemeyer, ZKM 2020, 150)

Ein anwaltlicher Mediator verletzt seine Vertragspflichten nicht, wenn er mit Genehmigung der Parteien, die auch konkludent erklärt werden kann, Rechtsauskünfte erteilt und Unterhalts- oder Zugewinnberechnungen vornimmt. Er kann hierfür das für die Mediation vereinbarte Zeithonorar berechnen. Die während der abgerechneten Zeit getroffenen Maßnahmen sind konkret und in nachprüfbarer Weise darzulegen. Zudem muss der Zeitaufwand in einem angemessenen Verhältnis zu Schwierigkeit, Umfang und Dauer der zu bearbeitenden Angelegenheit stehen.
OLG Nürnberg Urt. v. 12.11.2019 – 11 U 2013/19

Vorinstanz:

LG Nürnberg-Fürth – 3 O 2004/19

Sachverhalt:

Der Kläger ist Rechtsanwalt und Mediator. Er schloss mit der Beklagten und ihrem Ehemann anlässlich deren anhängigen Ehescheidungsverfahrens folgenden Mediationsvertrag:

1. Die Vertragsschließenden vereinbaren die Durchführung einer Mediation unter der Leitung von Herrn Dr. ... nach den Grundsätzen des deutschen Mediationsgesetzes.2. Die Einzelheiten der Verfahrensdurchführung werden gemeinsam festgelegt. Nach Bedarf finden gemeinsame Gespräche und Einzelgespräche statt. ...3. Herr Dr. ... erhält für seine Tätigkeit eine Vergütung nach Zeit mit einem Stundensatz von 200 € zuzüglich gesetzliche Umsatzsteuer. Vergütet werden die Mediationsgespräche sowie alle vorbereitenden und begleitenden Maßnahmen. Dazu gehören Vorgespräche, Schriftverkehr, Telefonate, eventuelle rechtliche Stellungnahmen, die Entwicklung von Protokollen und Verträgen, notarielle Beurkundungen, Dokumentationen, Kostenabrechnungen und eventuelle Fahrzeiten. Die Leistungen werden schriftlich dokumentiert.4. Auslagen werden pauschal mit 3 % der angefallenen Vergütung ... erstattet.

In der Folgezeit fanden sechs Mediationstermine statt. Der Kläger fertigte zudem eine Zugewinnausgleichsberechnung, nahm eine rechtliche Überprüfung der Behandlung von Zuwendungen vor, berechnete überschlägig nachehelichen Unterhalt, entwickelte den Entwurf einer Scheidungsfolgenvereinbarung und eine Konzeption hinsichtlich nachehelichem Unterhalt und Unterhaltsabfindung, erstellte Protokolle über stattgefundene Mediationstermine und erörterte Vieles per E-Mail mit den Eheleuten. Nach einer mit dem Verhalten des Ehemannes begründeten Kündigung der Beklagten übermittelte er seine Kostenrechnung über 15.974,46 €. Der Kostenrechnung lagen 65 Stunden und 5 Minuten zu je 200 € pro Stunde zuzüglich 3 % Auslagenpauschale und 19 % Umsatzsteuer zu Grunde. Nach Abzug geleisteter Vorschüsse von insgesamt 3.200 € verblieb pro Ehegatten ein Zahlbetrag von 6.377,23 €. Der Ehemann der Beklagten bezahlte seinen Anteil zeitnah. Die Beklagte überwies lediglich 1.000 €. Sie wendete ein, der Kläger habe eine den Rahmen der Mediation sprengende Rechtsberatung vorgenommen, die nicht vereinbart gewesen sei. Zudem monierte sie das Ungleichgewicht von 9 Stunden und 45 Minuten für sechs Mediationsgespräche im Vergleich zum Gesamtumfang von 63 Stunden und 10 Minuten. Damit habe sie auch nach den vergleichsweise niedrigen Vorschussanforderungen nicht rechnen müssen. Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 4.908,26 € verurteilt. Auf ihre Berufung setzte das OLG diesen Betrag auf 2.518,15 € herab.

Aus den Gründen:

2. Der Einwand der Beklagten, der Kläger habe ohne Auftrag Zugewinn- und Unterhaltsberechnungen vorgenommen und den Rahmen des Mediators verlassen, greift nicht durch, insbesondere ist der Vertrag nicht nichtig.

a) Eine unzulässige Rechtsberatung liegt nicht vor. ...

Nicht um Rechtsberatung handelt es sich, wenn der Mediator seine Informations- und Aufklärungspflichten zum Mediationsverfahren erfüllt, die auch rechtliche Aspekte umfassen können (Greger in Greger/Unberath/Steffek, Recht der alternativen Konfliktlösung, 2. Aufl. 2016, § 2 MediationsG Rz. 186). Der Anwaltsmediator muss sogar Belehrungen und Hinweise erteilen, die in der konkreten Situation einem Anwalt obliegen (BGH v. 21.9.2017 – IX ZR 34/17, MDR 2017, 1331 f. = NJW 2017, 3442 Rz. 22) und für deren Richtigkeit einstehen. Er darf allgemeine Rechtsauskünfte erteilen, muss auf gesetzliche Regelungen hinweisen und rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten aufzeigen (Greger, a.a.O. Rz. 187). Aufklärungsfehler und unterlassene Hinweise können seine Haftung begründen (BGH a.a.O.). Nimmt er Berechnungen zu Zugewinn und Unterhalt anhand der gültigen Rechtslage vor, verlässt er diesen Rahmen nicht. Unbedenklich ist eine anwaltliche Tätigkeit als Mediator in Ehesachen, die im Einverständnis der Ehepartner auf den Versuch einer gütlichen Einigung der Vermögensinteressen gerichtet ist (Henssler in Henssler/Prütting, BRAO, 4. Aufl. 2014, § 43a Rz. 179).


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 04.08.2020 15:44
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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